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Michael Jahn, ESC Evolving Systems

Aus dem Projektleben: Agiles Wasserfallprojekt mit Kanban-Unterstützung zum Festpreis?

Agiles Wasserfallprojekt mit Kanban-Unterstützung zum Festpreis? Sie finden das hört sich seltsam an?

Tatsächlich ist es gar nicht so ungewöhnlich, dass Unternehmen auf dem Weg zur Professionalisierung ihrer IT-Dienstleistungen genau diesen „Leidensweg“ durchmachen. Der Einsatz agiler Softwareentwicklung (Kanban/Scrum) bietet zahlreiche Vorteile – bessere Zusammenarbeit, schnellere Entscheidungen, kürzere Release-Zyklen und schnelleres Feedback von den Benutzern.

Iterativ wird so ein neues Produkt entwickelt. Durch die ebenfalls nach jeder Iteration zur Verfügung stehenden Feedbacks der Benutzer/Kunden kann sich dieses Produkt weiterentwickeln. Das Risiko von Fehlentwicklungen kann minimiert werden, da neue Features schnell in Produktion kommen und sich dort bewähren.

 

“ Agilität ist das Gegenteil von Planerfüllung, hat aber nichts mit Planlosigkeit zu tun. An die Stelle starrer Ziele treten viel mehr Visionen. “  

Aus: „Nur die Agilen werden überleben“ (von Horst Wildemann, 2018)

 

Soweit die Theorie und die Vorteile agiler Entwicklung. Hört sich gut an, birgt aber während der Transition hin zu agilen Methoden für die Unternehmen doch auch Hemmschwellen und Stolpersteine.

Dies liegt nicht zuletzt daran, dass es mit der Einführung agiler Projekt-Methoden allein nicht getan ist und einfach vergessen wird, dass sich auch das Management, die Organisation selbst und die Kultur im Unternehmen einer Transition unterziehen muss.

 

“ Agilität ist eine Führungsdisziplin. Es geht darum, Gruppen von Menschen im Unternehmen dazu zu befähigen, gemeinsam, selbstständig und frühzeitig die Notwendigkeit für einen Richtungswechsel zu erkennen. “

Aus „Nur die Agilen werden überleben“ (von Horst Wildemann, 2018)

 

Häufig trifft man auf nicht unerhebliche Widerstände bei der Umstellung auf agile Methoden. „Das machen wir doch schon immer so“ oder „Never change a running System“ sind dabei oft Aussagen, die belegen, dass der Veränderungswille bei am Markt etablierten Unternehmen nur rudimentär vorhanden ist. Das liegt oft auch daran, dass das Management nicht hinter den notwendigen Änderungen in der Unternehmenskultur steht, erst recht nicht, wenn keine augenscheinliche Notwendigkeit für den radikalen Wandel besteht.

Hinzu kommt, dass aufgrund der oben genannten positiven Effekte einer agilen Entwicklung die vermeintliche Umstellung von Projekten auf agile Methoden, statt zur Steigerung der Effektivität und Effizienz in der Entwicklung dazu verwendet wird, den Druck auf die Mitarbeiter zu erhöhen und vermeintlich die Projektkosten zu drücken. Das liegt nicht zuletzt am Unverständnis der agilen Entwicklung. Agil bedeutet in diesem Kontext nicht „schneller, billiger, besser“.

 

“ Agilität steht für kurze Time-to-Market-Zyklen und Feedback-, Lern- und Verbesserungsschleifen. Fokussiert auf den Anwender/Kunden („Markt“) und seine Bedürfnisse. “

Aus: „Nur die Agilen werden überleben“ (von Horst Wildemann, 2018)

 

Wie also gehen wir die Transition hin zu agiler Entwicklung an? Was können wir tun, um unsere Kunden auf Ihrem Weg zur Agilität zu begleiten?

Letztlich landen wir - wie bei einer klassischen Auftragsklärung und wie sie in jedem Projekt stattfinden sollte - bei den üblichen Fragen:

  • Warum soll auf agile Methoden umgestellt werden?
  • Welche Probleme sollen mit der Agilität gelöst werden?
  • Wie genau soll der Umstieg auf agile Methoden erfolgen (Bereitschaft zur Änderung von Organisation, Arbeitsweisen, Unternehmenskultur, etc.)?
  • Was würde passieren, wenn man nicht auf agile Methoden umstellt?

Hat man diese Fragen mit dem Benutzer/Kunden geklärt, hat man ein starkes Werkzeug zur regelmäßigen Standortbestimmung auf dem Weg zur Agilität. Hat man Ziele oder Teilziele bereits erreicht, sind die ursprünglichen Antworten auf die Fragen immer noch gültig oder haben sich durch Veränderungen (Markt, Positionierung, Umorganisation) neue Aspekte herausgebildet, die berücksichtigt werden müssen oder Rahmenbedingungen verändert?

Nach der Auftragsklärung fängt die eigentliche Transformationsarbeit an.

Zunächst gilt es, alle Beteiligten da abzuholen, wo sie gerade stehen und sie behütet auf dem Weg in die Agilität zu begleiten. Dies schließt ein, dass beim Kunden eine Fehlerkultur eingeführt wird, die es den Beteiligten erlaubt auf dem Weg in die Agilität Fehler zu machen und aus diesen Fehlern zu lernen um das Ziel zu erreichen – auch wenn dies manchmal bedeutet wieder einen Schritt zurück zu machen und einen anderen Weg einzuschlagen.

 

“ Zwei Dinge sind zu unserer Arbeit nötig: Unermüdliche Ausdauer und die Bereitschaft, etwas, in das man viel Zeit und Arbeit gesteckt hat, wieder wegzuwerfen. “

(Albert Einstein)

 

Wichtig ist auch, dass wirklich jeder im Unternehmen eingebunden ist. Wer den Mitarbeiter in einem Team da abholt, wo er gerade steht, wer Verweigerungshaltung und Zauderer auf dem Weg in die Agilität vermeiden möchte, muss selbst Klarheit über die Gründe für die Veränderung haben und diese Gründe auch klar vermitteln können. Idealerweise wird ein detailliertes Zielbild mit allen – vom Mitarbeiter bis zum Manager – gemeinsam erarbeitet.

Gleichzeitig muss ein Knowhow-Transfer stattfinden. Auch hier sollte niemand vergessen werden. Vom Management bis zum Mitarbeiter sollte allen klar sein, was agiles Arbeiten bedeutet. Dies ist insbesondere wichtig, damit die Verweigerer und Zauderer einbezogen werden, in der gesamten Organisation ein Verständnis für agile Methoden, Rollen und letztlich auch ein Schutz vor Angriffen und Querschlägern etabliert wird.

Wenn nur eine neue Arbeitsweise beschrieben und versucht wird diese einzuführen, scheitert das Vorhaben. Teilbereiche agil zu transformieren ohne den organisatorischen Rahmen für Agilität im gesamten Unternehmen zu schaffen hat nur zur Folge, dass das Ergebnis konträr zum eigentlichen agilen Ziel ausfallen wird. Parallelbetrieb von Wasserfall- und Agiler Methode sorgt für Schnittstellen-Reibungen; beide Welten wollen gegenseitig bedient werden und blockieren sich mit ihren jeweiligen Anforderungen. Statt die guten Gene zu fördern, hat man die Schlechten aus beiden Welten vermischt.

Trotz des gesamtheitlichen Ansatzes auf dem Weg zur Agilität sollte man vermeiden „alles auf einmal“ zu verändern. Das Zielbild und der Transitionsplan sollte zwar möglichst umfangreich sein, die Umstellung auf agile Methoden jedoch mit ruhiger Hand vonstattengehen. Teilbereich für Teilbereich wird transformiert, dabei wird jede Erfahrung bei der Umstellung auf agile Methoden genutzt um nicht nur die agile Arbeit aufzunehmen sondern auch zu lernen.

Im Laufe der Transformation ändern sich damit nicht nur eingeschliffene Arbeitsweisen und Muster, sondern auch die Art und Weise wie Produkte entwickelt werden. Das Mindset ändert sich. Wichtiges wird von Unwichtigem unterschieden und entsprechend bei der Entwicklung priorisiert. Lieferketten werden beschleunigt und nicht zuletzt wird man feststellen, dass durch die unabdingbare Einbeziehung des Benutzers/Kunden und das daraus resultierende Feedback der agile Ansatz ein wesentlicher Erfolgsfaktor entlang der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens werden kann. Die daraus resultierende Win-Win-Situation zeichnet sich durch zufriedene Kunden, schnellere Entwicklung und schlankere und effizientere Prozesse aus.

Michael Jahn, Senior Projekt-Manager

 

Michael Jahn, ESC Evolving Systems
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